Eurovision:
Da die Schwedin Charlotte Nilsson 1999 in Jerusalem mit ihrem Titel "Tusen Och En Natt" (der Originaltitel wurde mit "Take Me To Your Heaven" in´s Englische übersetzt) den 1. Platz belegte, wurde der Song Contest Eurovision (schwed.: "Melodifestivalen") im Jahr 2000 von Schweden ausgerichtet. Das Event fand am 13 Mai in der Globe Arena in Stockholm statt. Der Beitrag Schwedens zum Song Contest Eurovision hieß "När vindarna viskar mitt namn" ("Wenn die Winde meinen Namen flüstern") und wurde von Roger Pontare vorgetragen. Wer neugierig darauf ist, kann ihn sich unten sowohl im Originaltext als auch in der deutschen Übersetzung anschauen.
Nachdem ich den Text übersetzt hatte, war ich zunächst schockiert. "Niemals werde ich mein Land verraten" - Was sollte das heißen? Wird hier dem Nationalismus und Rassismus Vorschub geleistet? Und obwohl der IndianerInnengesang zu Beginn und in der Mitte des Liedes als auch das entsprechende Kostüm des Sängers darauf hindeuten, daß der Song rein historisch zu deuten sein soll, kann ich ein heftiges Unwohlsein nicht verhehlen.
Bei meinen Nachforschungen stieß ich schließlich auf einen Artikel im schwedischen "Aftonbladet" vom 12. März 2000, in dem bestätigt wird, daß der Text selbst in Schweden nicht unumstritten war.
Demzufolge hatte die "fremdenfeindliche" Partei "Schwedische DemokratInnen" ("Sverigedemokraternas") auf ihrer Homepage folgenden Kommentar zu Pontares Song veröffentlicht: "Wir gratulieren Roger Pontare zum Sieg beim Songfestival, welcher sowohl ein Sieg für den Nationalismus in der Welt war als auch für alle, die den Stolz auf ihre Kultur kennen. Dank Roger Pontare und dem schwedischen Volk!"
Demgegenüber stehen die Aussagen vom Interpreten Pontare als auch von den Textern Peter Dahl und Thomas Holmstrand, welche einhellig beteuerten, daß der Song im Gegenteil dazu "stärkend auf die Minderheiten in der Gesellschaft" wirken solle. Er sei eine "Huldigung an alle, die Verfolgung ausgesetzt sind."
Gute Absichten in allen Ehren. Aber sollte man bei der Wahl der Mittel nicht etwas sensibler sein? Meiner Ansicht nach kann es jedenfalls kein Zufall sein, wenn sich reaktionäre Kräfte auf das Lied, welches ganz oben in den schwedischen Charts steht und demnach in Schweden in aller Munde ist, stürzen, um ihre Ideen zu verbreiten. Aber urteile selbst:
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Interessant finde ich persönlich, daß Pontare beim Grand Prix schließlich seinen Song auf Englisch vortrug, und dabei die Zeile "Niemals werde ich mein Land verraten" in "Life will never be the same" ("Das Leben wird nie mehr dasselbe sein")umwandelte. Es stellt sich die Frage, ob dieser Umstand etwas mit der Kritik im Vorfeld zu tun hat...
Die Endausscheidung jedenfalls ergab folgende Platzverteilung:
1.
Platz:
2. Platz: 3. Platz: 5. Platz: 8. Platz: |
Dänemark (Olsen Brothers mit "Wings of Love") Rußland Lettland Deutschland (Stefan Raab mit "Wadde hadde duda" Schweden |
Mein persönlicher Favorit wäre Lettland gewesen (für diesen Song habe ich auch fleißig telephoniert), aber auch mit dem dänischen Song, welcher den Wettbewerb dann schließlich auch gewann, kann ich mich anfreunden. Schön, daß dieses mal ein Titel verdient gewann, der sich nicht dem kurzlebigen Glammer unserer Tage unterwarf.
Herzlichen Glückwunsch an die Olsen Brothers!
Daß Stefan Raab mit seinem albernen Titel schließlich mit dem 5. Platz davonkam, ist mir persönlich völlig unverständlich. Aber auch das ist schließlich Geschmackssache...
Und wieder ist ein Grand Prix zu Ende gegangen. In diesem Sinne verabschiede ich mich bis zum nächsten Jahr. Es hat viel Spaß gemacht, und ich bin 2001 bestimmt wieder dabei.
Angelika
Bezüglich meines obigen Statements erreichte mich die folgende Mail, welche ich Dir nicht vorenthalten möchte. Am 31. Mai 2000 schreibt Michael aus Schweden:
"(...) Gut
zu sehen, daß Menschen außerhalb Schwedens auf den Eurovisions-Song
reagieren... Pontare ist kaum ein Rassist, er ist nur, wie so viele mit ihm,
extrem naiv und sieht wirklich nicht, wessen Botschaft er vorantreibt, die
SchwedInnen sind im Allgemeinen "leichtfertige FlirterInnen" mit den "dunklen
Mächten", ohne zu wissen, worüber sie eigentlich sprechen. Die
Menschen hier sind auf der Suche nach dem "guten und heilbringenden Nationalismus",
doch wo ist dieser, wie viele Fehler werden begangen werden bevor und wenn
sie ihn finden, und welcher Schaden wird angerichtet werden auf dem Weg dorthin?
Zur Entschuldigung des Liedtextes wurde gesagt, daß er von dem Kampf
der SamInnen um Rechte und ein eigenverantwortliches Leben handele. Nun ja...
Es ist politisch nicht korrekt, die samische Kultur zu kritisieren, und so
haben sie einen Weg gefunden, der ganzen Diskussion davonzukommen... Interessantes
Thema! (...)"
©Angelika Friedrich, Jan. 2000
http://www.schwedenecke.de/