Es bedarf eines besonderen Frauenkampfes
Die Überordnung von Männern und Unterordnung der Frauen wird nicht von irgendeinem Naturgesetz bestimmt. Die menschliche Natur ist veränderbar. Die Macht des Patriarchats kann bebrochen werden. Frauen und Männer sind Menschen in einer Gesellschaft, die ein System entwickelt hat, in dem die Macht über sozial und politisch konstruierte Gegensätze zwischen Geschlecht und Klasse aufrechterhalten wird. Wenn Frauen ernsthaft beginnen, ihre Unterordnung als Geschlecht infragezustellen, antwortet das Patriarchat mit verschiedenen Strategien, um die Initiative und das Handeln der Frauen zu kontrollieren und einzuschränken.
Bei der Frauenbefreiung geht es darum, diese Strategien zurückzuweisen und die Hürde niederzureißen, welche Frauen aussperrt und zurückhält. Die Freiheit, zu handeln, und das Recht, Macht über das eigene Leben zu haben, ist nichts, was Frauen zum Geschenk gemacht wird, sondern was von den Frauen selbst erobert werden muß.
Unterdrückung geschieht heutzutage überall in der Welt und bedient sich vieler unterschiedlicher Formen. Sie betrifft viele unterschiedliche Gruppen. Aber es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Frauenunterdrückung und anderen Formen von Unterdrückung. Das ist die Beziehung der Frauen zu den Unterdrückern.
Die große Mehrzahl der Menschheit sind LohnarbeiterInnen, stehen in keinem persönlichen oder gefühlsmäßigen Verhältnis zu ihren Unterdrückern, den Kapitalisten. Man stelle sich eine Gesellschaft vor, in welcher der Kapitalismus abgeschafft ist und die Menschheit gemeinsam über Gewinnausschüttung und Investition beschließen kann. Im Fall der Frauen können die Unterdrücker gleichzeitig Väter, Freunde, Arbeitskollegen sein. Das Leben von Frauen und Männern ist eng miteinander verwoben. Daher kann die Befreiung der Frau nicht die Schaffung eines Lebens oder einer Gesellschaft frei von Männern beinhalten. Die Frauen bedürfen zu ihrer Befreiung einer selbständigen Frauenbewegung und gleichzeitig müssen sie sich mit den Männern vereinigen im Kampf gegen Frauenunterdrückung und Kapitalismus.
Für die Vänsterpartiet ist der Frauenkampf eine Angelegenheit der gesamten Partei. Eine Befreiung der ArbeiterInnenklasse ohne Frauen und Frauenkampf ist eine Unmöglichkeit. Umgekehrt gilt für uns, daß der Frauenkampf nicht vom Klassenkampf losgelöst werden kann. Feminismus allein kann die Macht des Kapitals nicht brechen.
Im Kampf für den Sozialismus spielen die Frauen eine entscheidende Rolle. Der Sozialismus, nach dem wir streben, bedeutet mehr als soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit. Er beinhaltet, daß die Männer auf die Macht und die Privilegien, die das Patriarchat ihnen zugeteilt hat, verzichten. Die Männer entgehen dem Zwang, zu unterdrücken. Wir alle, sowohl Frauen als auch Männer, haben durch die Abschaffung des Patriarchats zu gewinnen. Feminismus und Marxismus sind beide notwendige Werkzeuge im Kampf für die Befreiung des Menschen.
Das Ziel der feministischen politischen Praxis der Vänsterpartiet ist das Sichtbarmachen der geschlechtlichen Machtordnung und wie diese die politischen Prozesse und die Entscheidung, welche unsere Gesellschaft und unser Leben formt, beeinflußt. Das Ziel ist auch, daß diese Ordnung im politischen Kampf verändert wird. Wenn die Frage des Geschlechts nicht länger ausschlaggebend ist dafür, wie Macht und Ressourcen in der Gesellschaft unter Frauen und Männern verteilt werden, hat der politische Kampf sein Ziel erreicht.
©Angelika Friedrich, Jan. 2000
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